Die Bestandteile zur Ausführung von Taekwondo

 
1. Dynamik
 
Im fortgeschrittenen Stadium sollten Fähigkeiten und Fertigkeiten im Taekwondo aus einem wissenschaftlich fundierten Bewusstsein entspringen, das die Mobilisierung und Anwendung der menschlichen Körperkraft leitet. Bislang wurde im Training die stetig wiederholende, harte Praxis ohne seriöse wissenschaftliche Grundlegung betont, wodurch dieser Sport häufig als Geheimkunst beschworen wurde. Indes müssen wirkungsvolle Wege erschlossen werden, um der physischen Kraft die größtmögliche Wirksamkeit zu verleihen. Dies ist eine Vorbedingung für die Anwendung physischer Kräfte und Fähigkeiten.
 
2. Das Newtonsche Kraftgesetz und dessen Bedeutung im Taekwondo
 
In der Natur gibt es eine Reihe verschiedener Kräfte: z.B. Schwerkraft, Trägheit, Elastizität, Reibung, Magnetismus und Elektrizität. In der Absicht, "Kraft" zu definieren, entwickelte Isaac Newton einen Zusammenhang zwischen Kraft, Masse und Beschleunigung.
 
F = m * a
F = Kraft, m = Masse, a = Beschleunigung
 
Diese Gleichung ist sehr nützlich für die Berechnung aller Arten von Kraft. Im Taekwondo wird festgelegt, dass man unter der Masse (m) das Gewicht eines Menschen versteht und unter Beschleunigung (a) die Bewegung der Hände oder Füße. Dabei besteht ein enger Zusammenhang zwischen dem Körpergewicht und der Geschwindigkeit der bewegten Gliedmaßen. In anderen Worten: Die Kraft eines Angriffs oder einer Abwehr wird bestimmt durch Masse und Beschleunigung. Bei einem Angriffsversuch sind die physikalischen Bedingungen gekennzeichnet durch Instabilität, bei der eine Abnahme der Masse und eine Zunahme der Geschwindigkeit verlangt werden. Umgekehrt verhält es sich bei der Abwehr: Die Zunahme der Masse und die Abnahme der Geschwindigkeit werden gefordert in eng miteinander verknüpften Beziehungen, die mit dem Newtonschen Kraftgesetz übereinstimmen. Aus diesem Grunde werden die wichtigsten Faktoren für eine naturwissenschaftliche Betrachtung der Kraft im Taekwondo hier kurz erörtert. Die dominierenden Faktoren sind: Stabilität, Abstützung, Balance (Elemente, die mit der Masse zu tun haben), Elastizität, Behändigkeit und Biegsamkeit (Elemente der Beschleunigung). Weiter gehört die geistige und nervliche Konzentrationsfähigkeit dazu, durch die Masse und Beschleunigung erst zur Wirkung gebracht werden. Daneben gibt es noch eine Reihe untergeordneter Faktoren wie die Kontrolle der Atmung.
 
3. Der Drehpunkt, Stand und die Balance (der Gleichgewichtssinn: Kyung Hyung)
 
Der wichtigste Faktor für eine wirksame Mobilisierung der physischen Kraft ist die Körperhaltung, die eine Person einnimmt. Das bedeutet, ein gut balancierter, sicherer Stand erlaubt zwar keinen plötzlichen Angriff, ist aber gut für die Verteidigung. Andererseits macht eine nicht ganz ausbalancierte Stellung einen effektiven, schnellen Angriff möglich, während sie zur Abwehr nicht so günstig ist. Die Lage des Körperschwerpunktes steht somit in enger Beziehung zu der Standweite der betreffenden Person. Steht ein Mensch aufrecht und hat beide Füße eng beieinander, so kann er durch Drücken mit einem Finger in jeder Richtung aus dem Gleichgewicht gebracht werden. Wenn die Füße seitlich auseinandergesetzt werden, kann die betreffende Person nur noch durch Druck von vorne oder von hinten zu Fall gebracht werden, nicht mehr hingegen durch Stöße von links oder rechts. Genau umgekehrt verhält es sich, wenn man die Füße nicht seitlich, sondern nach vorne und hinten auseinandersetzt. Solange der Körpermittelpunkt nicht verlagert wird, bleibt die Bodenfläche, auf der die Füße Halt finden können, unverändert. Der Umfang der Bodenfläche, die man zum Abstützen des Körpergleichgewichts benötigt, wird entscheidend beeinflusst durch die Veränderung der Fußstellung und durch die gesamte Fläche, auf der die Füße während eines Bewegungsablaufs aufsetzen können. Hier scheint eine zusätzliche Erklärung angebracht von dem, was unter Mittelpunkt zu verstehen ist. Im menschlichen Körper, wie in allen anderen Gegenständen, gibt es zwei wichtige Mittelpunkte. Der eine ist das Zentrum, in dem man sich das gesamte Körpergewicht konzentriert vorstellen kann: Der Schwerpunkt. Er liegt beim Menschen im Bereich des Unterbauchs nahe beim Rückgrat, dem auch dadurch eine besondere Bedeutung als zentrale Stütze des Körpers zukommt. Das andere, wichtige Zentrum ist der Drehpunkt eines rotierenden, bzw. sich bewegenden Körpers. Was die Körperbewegungen angeht, so ist die sicherste Position das Liegen, da der Schwerpunkt dann am Tiefsten liegt und die Fläche des Bodenkontakts am Größten ist. Je höher der Schwerpunkt gebracht wird, desto instabiler wird der Körper. Andererseits aber nimmt die Beweglichkeit dann zu. Die Lage des Schwerpunktes beeinflusst damit die Stärke des Angriffs. Bei einem Angriff mit den Fäusten oder Füßen ist erst dann eine größere Wirksamkeit zu erwarten, wenn die Hüfte mit in die Angriffsrichtung bewegt wird. Damit wird das Wissen um den Zusammenhang F = m * a ausgenutzt, um die maximale Kraft zu erreichen. Die Bewegung des Schwerpunktes (und damit der gesamten Körpermasse m) in Angriffsrichtung erhöht die Kraft des Stoßes. Die höchste Effektivität der zur Verfügung stehenden Kraft wird dann erzielt, wenn die gesamte Bewegungsenergie auf einen einzigen Punkt, z.B. Faust oder Fußspitze, konzentriert wird.
 
4. Die Geschwindigkeit (Schnelligkeit: Sok Do)
 
Masse allein (obwohl sie den Wirkungsgrad erhöht) kann keine nutzbare Kraft entfalten, wenn nicht die Geschwindigkeit hinzukommt. Wenn wir von einem "festen Tritt" oder einem "leichten Tritt" sprechen, meinen wir die Geschwindigkeit der Bewegung. Der feste Tritt wird mit hoher Geschwindigkeit, der leichte Tritt langsam ausgeführt. Weiter oben wurde bereits erklärt, dass es verschiedene Möglichkeiten gibt, die Geschwindigkeit der Körperbewegungen zu steigern. Ein Weg eröffnet sich durch die wirkungsvolle Verlagerung des Körperschwerpunktes, was allerdings mit einem relativ unsicheren, instabilen Stand gekoppelt ist. Ein anderer Weg, die Geschwindigkeit zu steigern, ist die Vergrößerung des Abstands zum Ziel und damit die Verlängerung der Beschleunigungsstrecke. Die Vergrößerung des Zielabstands kann natürlich nur durch gesteigerte Behändigkeit des Körpers erreicht werden. Da Knochen und Gelenke für Halt und Aufbau des menschlichen Körpers eine tragende Rolle spielen, während das Nervensystem die Aktionen der Muskeln steuert, bestimmt die Beweglichkeit der einzelnen Teile und ihre Reaktionsgeschwindigkeit den Grad der Behändigkeit im Falle eines Angriffs oder einer Abwehr.
 
5. Die Nerven (Konzentration: Jip Joong)
 
Die Nerven verästeln sich in unzählige Enden, die sich über den ganzen Körper verteilen. Jeder Reiz, den die Nerven aufnehmen, wird an das gesamte Nervensystem weitergegeben. Darüber hinaus gibt es Nervengruppen, die einzelne Muskelbewegungen hervorrufen können. Kraft kommt nur dann zur vollen Entfaltung, wenn alle betroffenen Nervengruppen koordiniert arbeiten. Geistige Konzentration trägt dazu bei, Nervengruppen aufeinander abgestimmt zu aktivieren. Die Verbindungen der Nerven untereinander sind wichtig für die Weiterleitung von Reizungen. Die zunächst unkontrollierten Verbindungen sollten dabei vorsichtig angegangen werden. Durch langes Training kann man aber auch hier, im unbewussten, sonst nicht kontrollierbaren Bereich, Einflussnahme und Beherrschbarkeit erreichen.
 
6. Die Atmung (Atemkontrolle: Ho Hup)
 
In jedem Sport atmet man die Luft aus, wenn man den Rumpf beugen oder verdrehen muss und man atmet ein, wenn man den Körper aufrichtet. Im Taekwondo jedoch wird ausgeatmet, wenn man zu einem Schlag oder Tritt ansetzt. Im Moment des Auftreffens wird dann der Atem angehalten, um die größte Wirkung zu erzielen. Das Ausatmen verringert den inneren Widerstand und macht den Körper flexibel. Das Anhalten des Atems verleiht dem Stoß oder Schlag aber erst die volle Wirkung. Der Kampfschrei ("Kihap") im Taekwondo beim Auftreffen des Stoßes dient dazu, die Luft aus dem Brustkasten zu pressen und fördert gleichzeitig die geistige Konzentration auf genau diesen Moment. Wenn der Kampfschrei aber zu lange andauert, bevor das Ziel getroffen ist, kann nicht genügend Kraft entfaltet werden, da es ausschließlich auf die geistige Konzentration ankommt. Kein Angriff und keine Abwehr können erfolgreich sein ohne geistige Konzentration und Kontrolle der Atmung. In einer gegebenen Konfrontation kann die erreichbare Kraft ebenfalls nicht voll entfaltet werden, wenn die Unterstützung durch die Reaktionsfähigkeit der Nerven fehlt. Aus diesem Grunde können diejenigen, die lange und hart trainiert haben, ihre Kraft mit Hilfe von Geist, Nerven und Kontrolle der Atmung weit steigern. Wem diese Fähigkeiten in Fleisch und Blut übergehen, wird über eine erstaunliche Gewalt verfügen. Solche Möglichkeiten eröffnen sich allerdings nur demjenigen, der über lange Zeit hinweg diese Theorie der Kraft durch eigene Erfahrung erlernt hat und der den Intellekt besitzt, sie wirkungsvoll zu nutzen.
 
7. Was ist KI?
 
Unter Ki versteht man die geistig und körperliche Kraft und Konzentration. Ki ist die universelle Kraft. Der Zusammenschluss unendlich vieler kleiner Energieteilchen, die alles formen, was ist und was sein kann. Alles was man anfassen kann und was man nicht anfassen kann. Materie und Antimaterie bestehen aus dem universellen Ki. Materie ist nichts anderes als fassbar gewordene Energie. Diese Energie festigt sich in den entgegen gesetzten Kräften, die positiv oder negativ geladen sein können. Alle sichtbaren und unsichtbaren Phänomene unserer bekannten Welt werden von diesen Kräften gebildet. Somit besteht der menschliche Körper ebenfalls aus Ki und Ki hält ihn am Leben.
 
Jeder Mensch besitzt Ki, den meisten Menschen ist dies jedoch nicht bewusst, da diese Fähigkeit von diesen Menschen nicht trainiert wird, bzw. ihnen nicht bewusst ist und dadurch in unserer bequemen Lebensart verkümmert ist. Wir können durch bestimmte Übungen lernen, uns dieser Kraft wieder zu bedienen und für unsere Zwecke zu benutzen. Wir können diese Kraft entwickeln und willentlich steuern. Die Erforschung und Entwicklung der inneren Energie ist die wahre Erkundung der spirituellen Ebene (Dimension). Es ist eine stille Reise in unser Innerstes.
 
Dies gilt nicht nur für die Menschen, die eine Kampfkunst betreiben, sondern für alle Menschen. Denn durch die Ki-Übungen kann man den menschlichen Körper und Geist positiv beeinflussen. Die Früchte dieser Übungen sind unter anderem: Entspannung, geringere Anfälligkeit gegen Krankheiten, gesünderer Schlaf, Steigerung des Selbstbewusstseins und des Selbstwertgefühls, Steigerung der mentalen Fähigkeiten, Ruhe und Ausgeglichenheit, erhöhte Konzentrationsfähigkeit.
 
Ki wird in den Kampfkünsten, neben dem Gesundheitsaspekt, dazu verwendet, die Techniken kraftvoller, explosiver, und schneller auszuführen.
 
8. Meditation und Konzentration:
 
Die Meditation ist ein wichtiger Bestandteil des Trainings. Sie dient der körperlichen und geistigen Entspannung. Das Ziel ist eine geistige und körperliche Harmonie zu erlangen.
 
- Übungsausführung der Meditation:
 
Zuerst setzt sich in den so genannten Diamantsitz (man steht in Pyonhi-sogi, setzt den linken Fuß zurück, geht dann auf das linke Knie herunter, setzt das rechte Knie etwa schulterbreit neben das linke Knie auf den Boden, jetzt befindet man sich in dem Kniestand -die Knie und die Fußballen berühren den Boden-, nun streckt man die Füße, so dass der Fußspann auf dem Boden liegt und setzt sich auf die Fersen, der Rücken ist dabei gerade, die Hände werden in den Schoß gelegt, wobei die Handflächen nach oben zeigen, die linke Hand liegt unten, die rechte Hand wird in die linke Handfläche gelegt).
 
Nun entspannt man die Muskulatur und konzentriert sich auf seine Atmung. Man sollte sich nun von anderen Gedanken des alltäglichen Lebens, der Probleme u. a. lösen. Man konzentriert sich nur noch auf das Ein- und Ausatmen und versucht sich bei jedem Atemzug mehr und mehr zu entspannen. Dabei zählt man am Anfang noch den Atem, bei dem Einatmen -eins- und bei dem Ausatmen -zwei-. Später, wenn man weiter Fortgeschritten ist kann man auf das Zählen des Atems verzichten. Mit jedem Einatmen atmet man Energie in den Mittelpunkt seines Körpers und sammelt diese dort. Mit jedem Ausatmen atmet man negative Energien aus. Man blickt bei der Meditationsübung auf einen Punkt am Boden. Diesen Punkt sucht man sich selbst, in ca. einem Meter Entfernung.
 
Man lernt dadurch seinen Atem zu kontrollieren und sollte später in der Lage sein, nach extremer Belastung (Körper und (oder) Geist) durch diese Meditationsübung seinen Atem in kürzester Zeit wieder auf "Normalniveau" zu bringen und seinen Körper und Geist in Harmonie zu bringen.
 
Eine andere Art der Meditation ist die Konzentrationsmeditation. Sie dient dazu, den Geist und den Körper auf eine Aktion des Augenblicks vorzubereiten, um dem Körper und dem Geist die größtmöglichen vitalen Kräfte zu verleihen und dadurch ein bestimmtes Ziel (einen Kampf oder einen Bruchtest) konsequent zu verfolgen und positiv für sich zu entscheiden.
 
Die Sitzhaltung ist wie bei der Meditation der Diamantsitz. Nun atmet man kräftig ein und sammelt somit die Energie im Mittelpunkt des Körpers. Mit dem Ausatmen schickt man die negative Energie aus seinem Körper. Mit jedem Einatmen sammelt man mehr und mehr Energie im Mittelpunkt des Körpers. Man konzentriert sich auf die bevorstehende Aufgabe und versucht seine Gedanken auf diese bevorstehende Aufgabe mehr und mehr zu konzentrieren. In der höchsten Anspannungsphase und Willensanstrengung wird die konzentrierte Energie mit großer Schnelligkeit in die geplante Aktion umgesetzt.
 
Die oben beschriebenen Übungen können auch im so genannten Schneidersitz oder im Stand oder sitzend auf einem Stuhl ausgeführt werden.
 
Dies sind einige Möglichkeiten der Meditation. Diese sind jedoch nicht abschließend. Es gibt noch viele andere Möglichkeiten und Anwendungen von Meditations- und Konzentrationsübungen.